HIGHLIGHT: Henri Nannen Preis 2012 – dem Glanz folgte ein Eklat more…

HIGHLIGHT: Henri Nannen Preis 2012 – dem Glanz folgte ein Eklat more…
, 12/05/2012, , in CULTURE & MEDIA

Artikelbild © babiradpicture – abp/stern

Hans Leyendecker von der „Süddeutschen Zeitung“ verweigerte vor 1200 Gästen um 21 Uhr die Annahme des Preises für „Investigative Leistung“! Grund: Man wolle nicht in mit der Bildzeitung in einer Kategorie ausgezeichnet werden. Das Publikum verstummte! Der unglückliche Umstand, dass die Jury sich in einer Patt-Wahl für beide Medien der selben Kategorie entschied, führte zum Eklat.
Lesen Sie nachfolgend einige Stimmen dazu:Co-Juror Helmut Markwort: „Das Medium, in dem etwas erschienen ist, kann kein Ausschlusskriterium für den Preis sein. Es muss um die investigative Arbeit gehen. Die Recherche von ,Bild‚ führte zum Rücktritt des Bundespräsidenten.“

Co-Jurorin Ines Pohl („taz“) zegte Verständnis für die Reaktion der „Süddeutschen“: „Wir dürfen es den Kollegen nicht übel nehmen, dass sie nicht am selben Tag ausgezeichnet werden wollen, wie eine Zeitung, die gemeinhin als ’Witwenschüttler’ bezeichnet wird.“FDP-Mann Wolfgang Kubicki zur MOPO: „Die ,Bild‘ hat den Preis für investigative Recherche nicht verdient. Sie hat lediglich Informationen an andere Medien weitergegeben.“Polit-Kolumnist Hans-Ulrich Jörges (Mitglied der Chefredaktion „Stern“) Kommentar: „Die ,Bild‘ hat den Beweis für Wulffs Privatkredit von dessen ehemaligen Pressesprecher erhalten. Dies ist keine Recherche.“Unter den Juroren des „Henri“ befanden sich auch Giovanni di Lorenzo („Zeit“), Georg Mascolo („Spiegel„) und Philosoph Richard David Precht.
Die Preisträger des 8. Henri Nannen Preises am 11.05.2012 im Deutschen Schauspielhaus
Foto: © Waberseck / sternDer Henri Nannen Preis 2012 geht an:
Reportage: Stefan Willeke (DIE ZEIT), Dokumentation: Ein zwölfköpfiges Team des Magazins DER SPIEGEL, Investigation: Nikolaus Harbusch, Martin Heidemanns (BILD), Hans Leyendecker, Klaus Ott, Nicolas Richter (Süddeutsche Zeitung), Essay: Niklas Maak (Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung), Fotoreportage: Kai Löffelbein (stern.de) 


Kai Löffelbein – Foto: © Waberseck / stern

Weiterer Preisträger der vom Verlagshaus Gruner + Jahr und stern vergebenen Auszeichnung
ist der Fotograf F.C. Gundlach für sein publizistisches und journalistisches Lebenswerk.
Den Preis für Pressefreiheit erhält der britische Journalist Nick Davies.
Hamburg, 11. Mai 2012 – Heute Abend haben der Verlag Gruner + Jahr und der stern zum achten
Mal den Henri Nannen Preis vergeben, mit dem die Bestleistungen im deutschsprachigen
Print- und Onlinejournalismus ausgezeichnet werden. Die insgesamt 22 Preisträger wurden im
Rahmen einer festlichen Veranstaltung im Deutschen Schauspielhaus Hamburg vor rund 1.200
prominenten Gästen aus Medien, Kultur, Politik und Wirtschaft geehrt.
Der Henri Nannen Preis 2012 wird verliehen an Stefan Willeke (Reportage), Kai Löffelbein (Fotoreportage),
Ferry Batzoglou, Manfred Ertel, Ullrich Fichtner, Hauke Goos, Ralf Hoppe, Thomas
Hüetlin, Guido Mingels, Christian Reiermann, Cordt Schnibben, Christoph Schult, Thomas
Schulz, Alexander Smoltczyk (Dokumentation), Nikolaus Harbusch, Martin Heidemanns (Investigation),
Hans Leyendecker, Klaus Ott, Nicolas Richter (Investigation), Niklas Maak (Essay).
Der Fotograf F.C. Gundlach wird vom Verlagshaus Gruner + Jahr und dem stern für sein Lebenswerk
geehrt. Der Preis für Pressefreiheit geht an den britischen Journalisten Nick Davies.
Den Henri Nannen Preis für die beste Reportage erhält Stefan Willeke von der ZEIT. Mit Willekes
Arbeit hat sich die Jury für ein besonderes Porträt entschieden. Es handelt sich strenggenommen
um ein Porträt und eine Reportage, um eine konturenscharfe Beschreibung und ein
Road-Movie, um die Erklärung eines Menschen und die Wiedergabe einer Reise. Der Reporter
Willeke hat den RWE-Konzernchef Jürgen Großmann auf seiner Reise in das von der atomaren
Katastrophe heimgesuchte Japan begleitet, dabei seinen Titanenkampf gegen den drohenden
Atomausstieg in Deutschland beobachtet und erlebt, wie der mächtige Ausnahmeboss der Energiewirtschaft sich immer mehr in einen unfreiwilligen Aussteiger verwandelt. Willeke, so heißt es in der Jury-Begründung, „beschreibt Großmann aus größtmöglicher Nähe, mit skelettierender
Genauigkeit aber zugleich mit großer literarischer Kunst.“ Der Reporter sei dem richtigen Mann zur richtigen Zeit am richtigen Ort begegnet, „er hat diese Begegnung in einen Text von meisterhafter Dramaturgie und Sprache verwandelt und damit die Reportage des Jahres vorgelegt.“
In der Kategorie Dokumentation geht es um die besonders verständliche und anschauliche Darstellung
eines komplexen Sachverhaltes. Am besten gelungen und daher preiswürdig ist dies nach
Meinung der Jury dem zwölfköpfigen Team des SPIEGEL, das einen Sachverhalt dargestellt hat,
wie er nicht komplexer, unverständlicher und unanschaulicher sein könnte: jene Entwicklung, die
aus unserem guten Geld die gefährlichste Währung der Welt werden ließ. Die Autoren haben an
vielen Stellen und bei vielen Personen recherchiert, die Genese des Euro bis ins kleinste Detail
durchleuchtet und das Ergebnis ihrer umfassenden Recherchen in wohldosierten und glänzend
formulierten Texten festgehalten, die zu einem spannend zu lesenden Dossier von höchstem
Aufklärungswert zusammengefügt wurden. Die Arbeit, so die Jury, „inzwischen acht Monate alt
und immer noch brandaktuell, ist eine großartige journalistische Kollektivleistung, die ein ebenso
wichtiges wie sperriges Thema verständlich und sogar zu einem Lesevergnügen werden lässt.“
Für die Bewertung einer investigativen Arbeit sind zwei Kriterien wesentlich: Die Recherche-
Leistung des Reporters und die gesellschaftliche Bedeutung seiner aufklärenden Enthüllung.
Bei der Diskussion des ersten Punktes konnte sich die Jury relativ schnell darauf einigen, dass
Hans Leyendecker, Klaus Ott und Nicolas Richter von der Süddeutschen Zeitung eine besondere
Leistung erbracht haben. „Sie haben an einem Nullpunkt angefangen. Es gab kein staatsanwaltliches
Ermittlungsverfahren, keinen Koffer voller Informationen, keinen Whistle Blower. Es gab
nur den Verdacht, dass hinter dem Skandal um die Bayerische Landesbank mehr steckte, als bis
Ende 2010 bekannt geworden war.“ Systematisch begannen die Journalisten die Rolle der verdächtigen
Bankmanager bei diesem Skandal zu erforschen und deren Vermögensverhältnisse zu
recherchieren. Dabei stießen sie auf ein dubioses, aber gut getarntes Firmengeflecht in Österreich
und auf eine merkwürdige Privatstiftung des früheren Bankvorstands Gerhard Gribkowsky. Auf
halber Strecke der Recherchen schaltete sich dann die Staatsanwaltschaft ein. Am Ende wurde ein
ganzer Sumpf von Korruption, Erpressung und Bestechungszahlungen rund um Gribkowsky,
Bernie Ecclestone und den Formel-1-Zirkus enthüllt. „Ohne die monatelange hartnäckige Arbeit
der SZ-Journalisten“, so die Jury, „wäre wahrscheinlich bis heute nichts davon ans Licht gekommen.
Ein Fall von großartiger Reporter-Leistung.“
Aber auch eine zweite investigative Leistung spielte in der Diskussion der Jury eine große Rolle:
die Enthüllung von Nicolaus Harbusch und Martin Heidemanns in der BILD-Zeitung. Sie hatten
fast ein Jahr lang recherchiert und waren schließlich als erste darauf gestoßen, dass der höchste
Repräsentant unseres Staates in seiner vorherigen Rolle als niedersächsischer Ministerpräsident
einen dubiosen Privatkredit angenommen und dem Parlament nicht die volle Wahrheit gesagt
hatte. Der weitere Gang der Dinge ist bekannt, die Enthüllung der beiden BILD-Reporter entwickelte
sich zum größten Skandal des vergangenen Jahres und führte zum Rücktritt des Bundespräsidenten.
„Ein Fall“, so die Jury, „von größtmöglicher Fallhöhe.“
Auf der einen Seite also der Superlativ einer investigativen Leistung, auf der anderen der Superlativ
einer gesellschaftlichen Wirkung, beide hielten sich die Waage. Daher vergibt die Jury den
Henri Nannen Preis für Investigation in diesem Jahr an die drei Redakteure der Süddeutschen Zeitung
und an die beiden Redakteure der BILD.
Über die Unwirtlichkeit unserer Städte ist schon viel geschrieben worden. Auch viel Unsinn. Niklas
Maak, der Preisträger in der Kategorie Essay, räumt damit in seiner Arbeit auf. „Sein Text“, so
die Jury, „ist eine ebenso wilde wie witzige Philippika gegen Archi-Essentialisten und die Simulation
von Urbanität, gegen ein Stadtbild anstelle der Stadt und vor allem gegen das angeblich unvermeidbare
Diktat des Ökonomischen, das das Bild aktueller Städte prägt.“ Aber der Blick des
Autors geht weiter, hinaus in die Vorstädte, wo er das gleiche Elend in anderer Gestalt ausmacht,
wo „verputze Billigstkisten mit Gucklöchern“ stehen, „apricotfarbener Dämmputz und Plastiksprossenfenster“
als Schmuck gelten und die „Lobbys des Schlüsselfertigen“ eine absolutistische
Herrschaft ausüben. Maaks Polemik, so urteilte die Jury, „ist ein glänzender Essay voll Gedankenschärfe
und stilistischem Glanz, der den Leser anstößt, die architektonische Ödnis unserer
Städte und ihrer Vororte mit neuen Augen zu sehen.“
Der Preis für die beste Fotoreportage wird Kai Löffelbein zuerkannt für eine auf stern.de veröffentlichte
Bildstrecke, „die mitten ins Herz trifft und ins Hirn.“ Ein Foto dieser Reportage beispielsweise
zeigt schwarze Rauchwolken über einem brennenden Trümmerfeld, daneben das
Wrack eines Autos – und davor einen schwarzen Jungen in Badelatschen und einem zerlumpten
Fußballtrikot, der einen alten Fernseher über den Kopf stemmt, um ihn zu zerschmettern und an
das wertvolle Metall im Inneren heranzukommen. In der Jury-Begründung heißt es: „ Es ist ein
Foto wie aus dem Krieg und es ist tatsächlich Krieg, was der Fotograf auf der Giftmüllhalde im
Zentrum der Hauptstadt Ghanas festgehalten hat: ein Krieg um die vergifteten Reste unseres
westlichen Reichtums, ein Krieg ums Überleben, ein Krieg, den Kinder und Halbwüchsige führen
müssen, um nicht zu verhungern.“
Der Fotograf, heißt es in der Würdigung der Jury, „hat einen genauen Blick für das Spektakuläre,
aber auch für die signifikanten Details dieser Verwertungshölle. Die Bilder seiner Fotoreportage
sind vorzüglich komponiert, sie sind von höchster Qualität, sie sind im klassischen Sinne schön
und eindrucksvoll – sie sind aber auch analytisch und politisch und erliegen niemals der Gefahr
einer Über-Ästhetisierung. Sie öffnen die Augen und begeistern sie.“
Der Lebenswerkspreisträger Franz Christian Gundlach, 1926 im hessischen Heinebach geboren,
entwickelte seine Leidenschaft für Fotografie bereits im Alter von 10 Jahren. Nachdem er nach
kurzem Dienst an der Front 1946 aus französischer Kriegsgefangenschaft heimgekehrt war, absolvierte
er eine Ausbildung zum Fotografen in Kassel. Im Anschluss daran arbeitete er als freier
Fotograf und als Assistent der Modefotografin Ingeborg Hoppe. Bald fotografierte er Mode
überall auf der Welt und publizierte seine Fotostrecken in großen Magazinen der Bundesrepublik
wie Film und Frau, Brigitte, stern, Constanze und Quick. 1970 gründete F.C. Gundlach in einem ehemaligen
Bunker in Hamburg mit PPS (Professional Photo Service) das erste Profilabor und Mietstudio
für große Fotoproduktionen in Deutschland. In der PPS-Galerie veranstaltete er bis 1993
mehr als 100 Foto-Ausstellungen namhafter Fotografen wie Richard Avedon, Horst P. Horst
oder Irving Penn. Gundlachs eigene Werke waren in Ausstellungen von Beirut über Rotterdam
bis nach New York zu sehen. Im Jahr 2000 gründete F.C. Gundlach, der sich seit Beginn der
80er Jahre zunehmend der Sammlung fotografischer Werke und der Konzeption von Ausstellungen
widmete, die Stiftung F.C. Gundlach „zur Förderung der Fotografie als künstlerisch und
gesellschaftlich bedeutendes Kulturgut“. Als Gründungsdirektor des Hauses der Fotografie in
den Deichtorhallen in Hamburg war er von 2003 bis 2005 dessen künstlerischer Leiter.
Mit seinen noch immer nicht abgeschlossenen Recherchen löste Nick Davies – der den Henri
Nannen Preis für den besonderen Einsatz für die Freiheit der Presse erhalten hat – den „News
International phone-hacking scandal“ aus. Er deckte – auch gegen Widerstände aus journalistischen
Kreisen – auf, dass Reporter der zum Murdoch-Imperium gehörenden Zeitung News of the
World illegale Abhör- und Bestechungsmethoden nutzten, um an Informationen zu kommen. Sah
es in den Jahren von 2005-2007 so aus, als würden vor allem Prominente und Politiker abgehört,
stellte sich durch Recherchen von Davies im Jahr 2011 heraus, dass auch Privatpersonen abgehört
wurden, darunter Soldatenwitwen und die Mailbox eines 13jährigen Mordopfers. Als daraufhin
Proteste aus der Bevölkerung einsetzten und Boykotte der Werbekunden gegen die News
Corporation drohten, entschied Murdoch, die seit 168 Jahren erscheinende Boulevardzeitung
News of the World einzustellen. Der Skandal hat sich mittlerweile auch auf die Britische Regierung
ausgeweitet und seine Kreise bis nach Amerika, dem Hauptsitz der News Corporation, gezogen.
Der Zeitungsskandal ist der größte der englischen Nachkriegsgeschichte und löste eine weltweite
Debatte über die Macht und Moral der Medien aus.
Der 1953 im Süden Englands geborene Nicholas John Allen, genannt Nick Davies, entstammt
der englischen Mittelschicht. Nach seinem Politikstudium in Oxford begann er seine Laufbahn
als Journalist bei einem regionalen Blatt in Devon in Südengland. 1976 ging Davies als Trainee
zum Trinity Mirror Verlag, bei dem das Boulevard-Blatt Sunday People erschien. Im Jahre 1979
wurde er Reporter beim Guardian, seit 1989 schreibt er für den Guardian als freier Journalist mit
Basis in seiner Heimatstadt Lewes, in der er mit seiner Lebensgefährtin lebt. Davies hat drei erwachsene
Kinder.
Mit dem Henri Nannen Preis stellen Gruner + Jahr und der stern die Bedeutung von anspruchsvollem
Print- und Onlinejournalismus heraus und erinnern zugleich an das Werk des stern-
Gründers Henri Nannen (1913-1996). Der Preis ist mit insgesamt 35.000 Euro dotiert. Außerdem
erhalten die Preisträger den „Henri“, eine von dem Berliner Bildhauer Rainer Fetting geschaffene
Bronzeskulptur Henri Nannens im Andenken an dessen Lebenswerk. Ein aufwendiges
Sichtungsverfahren sowie eine hochkarätige Jury, der erfahrene Journalisten, Autoren, Chefredakteure
und Herausgeber großer Verlage Deutschlands angehören, gewährleisten die Unabhängigkeit
der Auszeichnung. Um den „Henri 2012“ bewarben sich Journalisten mit 872 Arbeiten aus
154 Print- und Onlinepublikationen.
Der Hauptjury des Henri Nannen Preises gehören an: Peter-Matthias Gaede (Chefredakteur
GEO), Margot Klingsporn (Inhaberin der Fotoagentur FOCUS), Giovanni di Lorenzo (Chefredakteur
DIE ZEIT), Helmut Markwort (Herausgeber Focus), Georg Mascolo (Chefredakteur
DER SPIEGEL), Nils Minkmar (Ressortleiter Feuilleton Frankfurter Allgemeine Zeitung), Felix E.
Müller (Chefredakteur NZZ am Sonntag), James Nachtwey (Fotograf), Thomas Osterkorn (Chefredakteur
stern, im jährlichen Wechsel mit seinem Kollegen Andreas Petzold), Jan-Eric Peters
(Chefredakteur DIE WELT-Gruppe), Ines Pohl (Chefredakteurin taz), Richard David Precht
(Autor), Ulrich Reitz (Chefredakteur Westdeutsche Allgemeine Zeitung), Anja Reschke (Autorin und
Moderatorin Panorama) und Gerhard Steidl (Verleger).

Mit dem Henri Nannen Preis, der 2005 erstmals verliehen wurde, haben das Verlagshaus Gruner + Jahr und der stern eine Auszeichnung für journalistische Arbeiten in deutschsprachigen Zeitungen und Zeitschriften geschaffen, die heute und künftig Maßstäbe für den Qualitätsjournalismus setzen soll. Mit der Auszeichnung wollen die Preisstifter die kulturelle Bedeutung von anspruchsvollem Print- und Onlinejournalismus hervorheben und einen Beitrag zu dessen Unterstützung leisten.
Ein aufwendiges Sichtungsverfahren sowie eine hochkarätige Jury, der erfahrene Journalisten, Autoren, Chefredakteure und Herausgeber nahezu aller großen Verlage Deutschlands angehören, gewährleisten die Unabhängigkeit der Auszeichnung.
Für den Henri Nannen Preis 2012 wurden insgesamt 872 Arbeiten eingereicht, die in 154 deutschsprachigen Zeitungen, Zeitschriften und Onlineangeboten im vergangenen Jahr publiziert wurden.
Die finale Entscheidung über die Preisträger des Jahres 2012 treffen die Juroren am Vortag der Verleihung des Henri Nannen Preises, die am 11. Mai im Deutschen Schauspielhaus in Hamburg in Anwesenheit von 1.200 Persönlichkeiten aus Medien, Kultur, Wirtschaft und Politik stattfindet.
Der Preis ist insgesamt mit 35.000 Euro dotiert. Außerdem erhalten die Preisträger den „Henri“, eine von dem Berliner Bildhauer Rainer Fetting geschaffene Bronzeskulptur des stern-Gründers Henri Nannen im Andenken an dessen Lebenswerk.
Der Hauptjury des Henri Nannen Preises gehören an: Peter-Matthias Gaede (Chefredakteur GEO), Margot Klingsporn (Inhaberin Fotoagentur FOCUS), Giovanni di Lorenzo (Chefredakteur Die Zeit), Georg Maskolo (Chefredakteur DER SPIEGEL, der sich bei der Juryarbeit jährlich mit seinem Kollegen Mathias Müller von Blumencron abwechselt), Helmut Markwort (Herausgeber Focus), Nils Minkmar (Feuilleton-Chef Frankfurter Allgemeinen Zeitung), Felix E. Müller (Chefredakteur NZZ am Sonntag), James Nachtwey (Fotojournalist), Thomas Osterkorn (Chefredakteur stern, im jährlichen Wechsel mit seinem Kollegen Andreas Petzold), Jan-Eric Peters (Chefredakteur Die Welt-Gruppe), Ines Pohl (Chefredakteurin taz), Richard David Precht (Autor und Essayist), Ulrich Reitz (Chefredakteur Westdeutsche Allgemeine Zeitung), Anja Reschke (Autorin und Moderatorin NDR Panorama) und Gerhard Steidl (Foto- und Kunstbuchverleger).
Der stern-Gründer und langjährige Chefredakteur Henri Nannen (1913-1996) stiftete bereits 1977 den Egon-Erwin-Kisch-Preis zur Erinnerung an den von ihm verehrten Prager Journalisten, den „rasenden Reporter“. Mit diesem Preis wurden seither Jahr für Jahr die Autoren herausragender Reportagen gewürdigt. Namhafte Journalisten haben ihn gewonnen. Im Sinne Nannens, der die Reportage in Wort und Bild als die Königsdisziplin des Journalismus schätzte, bleibt der Egon-Erwin-Kisch-Preis als Kategorie des Henri Nannen Preises bestehen und wird damit in diesem Jahr zum 35. Mal verliehen.
Unter dem Dach des Henri Nannen Preises wurde der Kisch-Preis im Jahre 2005 sinnvoll ergänzt durch eine Reihe weiterer Auszeichnungen, so etwa für eine herausragende fotografische Autorenleistung. Mit diesem Preis werden Fotoreporter prämiert, die dem Publikum durch eine besonders eindrucksvolle Sicht auf die Geschehnisse helfen, Sachverhalte zu durchschauen und zu bewerten.
Damit Context den Content im Journalismus vertieft und bereichert, gibt es den Henri Nannen Preis auch in der Kategorie für „eine besonders verständliche und anschauliche Dokumentation über einen komplexen, gegenwärtigen oder zeitgeschichtlichen Sachverhalt“. Anders als die Reportage werden derart komplexe Arbeiten oft nicht von einem einzelnen Journalisten bewältigt, sodass ausdrücklich auch ganze Autorenteams als Preisträger in Betracht kommen.
Dies trifft auch auf den Henri Nannen Preis „für die beste investigative Leistung“ zu. In Zeiten, da die Mächtigen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft sich immer mehr darum bemühen, Sachverhalte zu beschönigen oder gar zu verschleiern, gebührt den Journalisten besonderer Dank, die beharrlich Fakten zusammentragen und die Wahrheit ans Licht bringen. Solche Journalisten sind vor allem dort zu finden, wo Chefredaktionen und Verlage es ihren Reportern ermöglichen, mit großem Zeit- und Geldaufwand ergebnisoffen zu recherchieren. Die Rechercheleistung wird in dieser Kategorie daher besonders hoch gewertet.
In diesem Jahr wird zudem erstmalig ein Henri in der Kategorie Essay vergeben. In diese Kategorie gehören Texte, die den Leser über ein aktuelles gesellschaftliches Phänomen orientieren, mit dem der Autor sich auf persönliche Weise mit Gedankenschärfe und stilistischer Geschmeidigkeit auseinandersetzt. Diese Neuerung trägt nicht zuletzt dem Umstand Rechnung, dass der Journalismus sich seit 2005, als der Henri Nannen Preis aus der Taufe gehoben wurde, deutlich verändert hat und heute in viel stärkerem Maße auf das erheblich gestiegene Bedürfnis der Leser nach Einordnung und Orientierung eingeht.Gruner + Jahr und stern vergeben den Henri Nannen Preis außerdem für ein journalistisches oder publizistisches Lebenswerk, mit der die Leistung von Persönlichkeiten gewürdigt wird, die mit ihrer Arbeit maßgebliche Beiträge für den Qualitätsjournalismus in Deutschland erbracht haben.
Der Henri Nannen Preis für Pressefreiheit soll schließlich Journalisten, die unter schwierigsten Bedingungen die Pressefreiheit im In- und Ausland verteidigen, Anerkennung und Ermutigung eintragen. Deswegen wird er an Journalisten vergeben, die sich mit Courage und großem persönlichem Einsatz für die freie Meinungsäußerung in ihrem Land einsetzen. Es ist die Pressefreiheit selbst, die mit dem Henri Nannen Preis eine große Bühne bekommt, weil sie nicht nur in autokratischen Systemen ein kostbares und bedrohtes Gut ist, sondern auch in Demokratien längst nicht immer als selbstverständlich gilt.
Die Jury hat außerdem die Möglichkeit, einen Sonderpreis für eine überragende journalistische Leistung außerhalb des Wettbewerbs zu vergeben. Eine solche Leistung kann ein exzeptioneller Text sein, der inhaltlich und formal in keine der ausgeschriebenen Kategorien passt; es kann sich beispielsweise um ein einzigartiges bewegendes Gespräch oder Interview handeln, das nachhaltige Wirkung auf seine Leser hat; eine brillante Analyse, die erstmals wichtige Zusammenhänge
erkennbar macht; eine ungewöhnliche Montage von journalistischen Mitteln, die zu einer neuartigen, besonderen Intensität der Darstellung führt. Ausgezeichnet werden kann aber ebenso eine außerordentliche Recherche, eine Aktion oder ein Beispiel von herausragendem journalistischem Einsatz oder Mut – eines Einzelnen oder einer Redaktion.
 

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