NEWS: Thilo Sarrazin im Kreuzfeuer der Kritik mit seinem Buch: „Europa braucht den Euro nicht“! more…

NEWS: Thilo Sarrazin im Kreuzfeuer der Kritik mit seinem Buch: „Europa braucht den Euro nicht“! more…
, 21/05/2012, , in LITERATURE

Die Talkshow bei Günther Jauch zwischen Peer Steinbrück und Thilo Sarrazin war ein gutes Beispiel dafür, dass wir eine neue Streitkultur pflegen sollten und uns sachbezogen mit Argumenten über Themen auseinandersetzen, anstatt Stimmungsmache gegen die Person Sarrazin zu betreiben, um damit letztlich seine Buchauflagen zu steigern. Nach seinem Werk „Deutschland schafft sich ab„, polarisiert der ehemalige Bundesbanker nun erneut mit seinem neuen Buch „Europa braucht den Euro nicht“. Sarrazin war bei Jauch überraschend analytisch und besonnen in seinen Ausführungen und eben nicht populistisch und bot daher wenig Angriffsfläche. Die Medien geben ihm ein Forum, also bitte, dann muss man Meinungsfreiheit auch gestatten. Man kann durchaus Sarrazins Meinung vertreten, dass Deutschland nicht für die Mißwirtschaft anderer Länder einstehen sollte. Bezogen auf die Fiskal- und Wirtschaftspolitik machte Steinbrück Sarrazin sogar Zugeständnisse und rechtfertigte viele Mißstände mit dem Begriff „Mißmanagement“ zum Thema Europa-Krise. Sarrazin hingegen äußerte sich diplomatisch, denn er sprach nie davon, man müßte den Euro abschaffen, sondern er belegte mit Daten, dass andere Länder, wie England, die Schweiz und Schweden seit Einführung des Euros mehr wirtschaftlichen Zuwachs ohne den Euro hatten. Steinbrück konterte allerdings vehement, dass man Europa nicht zum experimentellen Spielball machen könne und es Sarrazin an Lösungsansätzen fehle. Er führte weiter aus: „Der Euro habe einer Export-Nation wie Deutschland enorme Vorteile gebracht. Er sei eine tragende Säule der europäischen Integration“. Einer Meinung war man sich erstaunlicherweise, dass man den Euro nie hätte einführen sollen, bevor die Europäische Union vollendet gewesen wäre.

In Misskredit geriet Sarrazin mit seinem neuen Buch zuvor, weil er den Holocaust und die europäische Währung in Verbindung brachte – er wirft den Befürwortern von gemeinsamen europäischen Staatsanleihen vor, sie seien „getrieben von jenem sehr deutschen Reflex, wonach die Buße für Holocaust und Weltkrieg erst endgültig getan ist, wenn wir alle unsere Belange, auch unser Geld, in europäische Hände gelegt haben“.
Thilo Sarrazin spricht aus, was viele Menschen denken, jedoch ist dies kein Freibrief, Analysen mit Vorurteilen über Kulturen und Sozial-Systeme anderer Länder leichtfertig zu vermengen. Sichtbar ist jedoch, Europa befindet sich in einem Klima der nachbarschaftlichen Anfeindungen, viele Länder verlieren zunehmend an kultureller Identität und Armut breitet sich aus!

Es bleibt viel offene Kritik, ob das vereinte Europa nicht doch ein überambitioniertes Unternehmen von profilierungssüchtigen und profitorientierten Politikern war und viele kulturelle, politische und wirtschaftliche Ungleichheiten fahrlässig ignoriert wurden. Zumal das Vertrauen erheblichen Schaden genommen hatte, seit bekannt wurde, dass es Länder wie z.B. Griechenland  gab, die jahrelang falsche Defizit- und Schuldenzahlen an die EU meldeten, um ihr beitreten zu können. Die Wahrheit ist leider, dass wir Menschen in Europa in diesen komplizierten Strukturen und Verwicklungen zwischen Banken, Ratingagenturen, Ländern und Politikern nicht mehr durchblicken und weder pauschal nach Wachstum oder Einsparungen mit einem Rettungsschirm verlangen können, um einer Schuldenkrise zu entkommen. Wenn das Kartenhaus erst einmal zusammenbricht, dann wird ganz Europa betroffen sein und die Stabilität der Währung wäre in Gefahr.

Insgesamt war die Talkshow ein gleichwertiger Austausch von Meinungen, bei denen keiner wirklich glänzen konnte. Sarrazin nicht, weil man sich der Gegenwart mit konkreten Lösungsvorschlägen stellen muss und Steinbrück nicht, weil er aus der Rechtfertigungsposition auch nicht prognostizieren konnte, wie uns das Europa Management aus der Krise führen wird.

Letztlich bleibt Sarrazin ein unberechenbarer Zeitgenosse, der bereits in der Vergangenheit mit seinen Thesen zur Integration scharfe Kritik ausgelöste. So hatte er behauptet, dass Deutschland sich durch eine Kombination aus Geburtenrückgang, wachsender Unterschicht und zunehmender Zuwanderung vor allem aus muslimischen Ländern selbst aufgebe. Außerdem behauptete er, dass Intelligenz vererbbar sei. Das ist das andere populistische Gesicht von Thilo Sarrazin!

 

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